Menschen mit Behinderungen besuchen Berlin Rote Karte für Bundesministerium für Gesundheit und Bad Bentheim

Artikel vom 17. November 2015 BadBentheimBerlinReisemitBehindertenESM1 (9)

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Daniela De Ridder hatte auf Anregung von Heike Schäfer aus Gildehaus 48 Damen und Herren mit und ohne körperliche Handycaps unter dem Tenor „Inklusion“ nach Berlin eingeladen. In der Bewertung gab es für das Bundesministerium für Gesundheit und den Bahnhof in Bad Bentheim die „rote Karte“.

Bad Bentheim / Berlin. Frohen Mutes machten sich am vergangenen Sonntag die Gäste der SPD-Bundestagsabgeordneten auf den Weg in einem IC der Deutschen Bahn von Bad Bentheim auf den Weg in die Bundeshauptstadt. Allerdings tauchte das erste Problem schon am Bahnsteig der Kurstadt auf. Nur mit großen Anstrengungen und der Hilfe vieler Hände konnten die auf den Rollstuhl und Gehhilfen angewiesenen Teilnehmer in den reservierten Waggon gelangen.

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Im Bahnhof Rheine konnte Erika Schneider aus Bad Bentheim über die mobile Hydrauli-krampe mit ihrem schweren Elektrorollstuhl in den Waggon fahren.

 

Erika Schneider aus Bad Bentheim musste nach Rheine ausweichen, denn nur hier gab es eine mobile Hydraulikrampe am Bahnsteig, die in Bad Bentheim fehlt, mit der sie in ihrem schweren Elektrorollstuhl in den Eisenbahnwagen fahren konnte. Zu der Gruppe von Reiseleiter Alfons Kröger aus Lingen zählten Personen aus der Grafschaft, dem Emsland, Osnabrück und dem Kreis Borken. Mit ungewöhnlich wenig Verspätung traf die Gesellschaft am Berliner Hauptbahnhof ein, wo der Bus des Bundespresseamtes mit Fahrer Murat und Stadtführerin Eva-Maria Tischendorf auf sie wartete. Sie begleiteten die Gäste durch das eigens an deren Bedürfnisse angepasste Programm.

Vom Leonardo Royal Hotel am Alexanderplatz aus unternahmen die Gäste Stadtrundfahrten, besuchten den Plenarsaal des Deutschen Bundestages, spazierten bis zur Spitze der Kuppel des ehemaligen Reichstagsgebäudes, besuchten die „Deutsche Rentenversicherung Bund“, besichtigten das Bundeskanzleramt, das Haus der Wannsee-Konferenz und die Bundeskanzler-Willy-Brandstiftung.

Viel versprachen sich eigentlich alle von dem Besuch des Bundesministeriums für Gesundheit (BMS). Hier erlebten besonders die Gäste mit Handycaps eine böse Überraschung: Ausgerechnet im Haus, wo die Gesundheit aller im Vordergrund stehen soll, war es die behindertengerechte Toilette, die die „rote Karte“ bekam. Da prangerten Zettel an der Wand mit der Aufschrift „Für die Spülung der Toilette drücken sie bitte den blauen Knopf“. Dieser war allerdings nur schwer auszumachen.

Nur mit dem Kopf schütteln konnte Rollstuhlfahrerin Heike Schäfer aus Gildehaus, die Mitglied des Beirates für Menschen mit Behinderung der Kreisverwaltung Grafschaft Bentheim ist und eine Selbsthilfegruppe aufgebaut hat. Sie war ebenso entsetzt wie ihre Freundin und Begleiterin Christiane Werning sowie die 3. Vorsitzende des Beirates Annette Uebler aus Nordhorn. Deren Sehfähigkeit ist so stark eingeschränkt, dass sie nur noch schleierhaft hell und dunkel unterscheiden kann.

Große Freude hingegen herrschte, als die Gäste Dr. Daniela De Ridder im Paul-Löbe-Haus trafen, in dem die Ausschüsse des Bundestages beherbergt sind. „Ich freue mich, dass ihr mich besucht und dass dies so gut geklappt hat. Wenn jeder ein wenig Rücksicht nimmt und sich bemüht, dann geht das auch. Um eine wirkliche, inklusive Gesellschaft zu erreichen, ist es wichtig, Menschen mit Behinderung auch die politische Teilhabe zu ermöglichen. Ich verstehe die Bildungsreise ebenfalls als Signal für mehr Inklusion sowie Integration in unserer Gesellschaft und um eine größere Signalwirkung zu erreichen. Es ist wichtig, dass die Menschen gleich behandelt werden, unabhängig von Herkunft und Religionszugehörigkeit. Und es darf keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes geben“, betonte Dr. De Ridder, die einen Einblick in ihre Tätigkeiten gab.

„Berlin ist immer eine Reise wert“, meinte Inge Boekhoff aus Bad Bentheim, deren Rollstuhl ihr Ehemann Hermann schob. Sie resümierte: „Ich habe erst gedacht, dass die Reise im Rollstuhl für mich anstrengend wird, aber im Gegenteil, es war super. Daran hatten Murat und Eva-Maria den größten Anteil, denn die haben uns Berlin von seiner schönsten Seite gezeigt.“ Annette Uebler, die eine Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen hat, sagte: „Für Sehbehinderte sind es besonders die alten Gebäude wie z. B. Kirchen, die nicht einmal farbliche Markierungen an Stufen oder Stolperstellen haben. Es ist nur ein bisschen Farbe oder Licht, die es einem erheblich leichter machen.“

Zeitweise benötigt Mechthild Lippert aus Bad Bentheim den Rollstuhl. Sie empfand wie Barbara Lührs aus Gildehaus, die auf Gehhilfen angewiesen ist, dass sie zwar ein paar Abstriche hätten machen müssen, aber die Bedingungen im Großen und Ganzen in Ordnung gewesen sein. Lange Gesichter hingegen machten alle Berlin-Fahrer, denn nachdem Erika Schneider, die in Berlin von ihrem dort seit 41 Jahren lebenden Schwager Dieter Schneider begleitet wurde, in Rheine problemlos den Zug verlassen hatte, gab es erneut im Bahnhof Bad Bentheim Probleme. Neben der fehlenden Bühne für Rollstuhlfahrer waren seit längerer Zeit der Fahrstuhl am Bahnsteig und die Beleuchtung der Bahnunterführung defekt.

Wenn nicht wieder die von allen Betroffenen ausdrücklich gelobten Reiseteilnehmer ihre Mitfahrer im Rollstuhl die Treppe hinuntergetragen und durch das Dunkel zu den Fahrgelegenheiten geführt hätten, was wäre dann gewesen? Wie Heike Schäfer erklärt, sei für die fehlende Rampe, den defekten Fahrstuhl und die mangelhafte Beleuchtung nicht die  Deutschen Bahn zuständig. „Bis auf die Makel im und am Bad Bentheimer Bahnhof war diese Reise für Menschen mit und ohne körperlichen Handycaps fürs erste Mal OK“, resümierte Alfons Kröger.

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