Demo gegen Atomkraft in Lingen: Aus für ANF 200 Demonstranten dankten Vladimir Slivyak für klare Worte

Artikel vom 22. Januar 2022 Lingen- Vor der Werkzufahrt der Brennelemente­fabrik ANF im Lingener Industriegebiet-Süd haben rund 200 Atomkraftgegner die Schließung der Fabrik gefordert. Prominentester Unterstützer waren Vladimir Slivyak, der den alternativen Nobelpreis 2021 von der Right Livelihood Foundation erhalten hat, sowie die als „Eichhörnchen“ bekannte französische Atomkraftgegnerin Cécile Stephanie Lecomte.

Alexander Vent vom Bündnis Atomkraftgegner im Emsland (Agiel) freute sich, dass am Sonnabendmittag so viele Menschen – von Kiel bis Köln – dem Aufruf zur Demo gefolgt waren. Sie brachten Ihren Unmut zum Ausdruck über den geplanten Einstieg der TVEL, einer Tochterfirma des russischen Staatskonzerns Rosatom, bei ANF in Lingen.

Der bekannte Liedermachen und Journalist Gerd Schinkel umrahmte mit seinen kritischen Songs die Veranstaltung und meinte: „Was man singen kann, kann man sich leichter merken“. Er und demonstrierenden bereiteten Vladimir Slivyak einen herzlichen Empfang, die Stadt Lingen hingegen nicht: Kein offizieller Empfang und kein Eintrag ins golden Buch.

Alexander Vent machte klar, dass bei Agile alle Ampeln auf rot stehen würden. „Der Einstiegvon TVEL bedeutet für uns in Lingen einen neuen Atomeinstieg, wenn die Pläne so umgesetzt werden, wie Framatome und Rosatom es wollen. Mit den in Lingen hergestellten Brennstäben wird in Atomkraftwerken Energie erzeugt. In Lingen soll Ende 2022 das Atomkraftwerk abgeschaltet werden, die Brennelementefabrik bleibt aber in Betrieb. Sie und die Urananreicherungsanlage in Gronau sind nicht Teil des Atomausstiegs. So werden künftig die Brennstäbe aus Lingen nur noch an Kraftwerke im Ausland geliefert, wie z. B. das umstrittene Werk Tihange in Belgien. Nicht nur wir in Lingen sind strikt dagegen!“

Das mögliche Joint Venture von Framatome mit der russischen Firma sorge bei den  Atomkraftgegnern für noch mehr Bedenken. Die Verhandlungen würden geheim gehalten, betonte Vent, der befürchtete, dass durch den möglichen Deal mehr Transporte von nuklearen Materialien und damit eine höhere Gefahr etwa durch Unfälle kommen würden. Von hier aus werde weiterhin an der Zerstörung von ganzen Landschaften und der Verseuchung der Umwelt in den Gegenden des Uranbergbaus profitiert. Hier und in Gronau werde weiterhin der Atommüll von morgen produziert. „Ein sehr wichtiger Punkt ist zudem, dass wir uns von dem kompletten Atomausstieg dann wieder weiter entfernen“, betonte Vent.

Der Atomkraftgegner stellte in Frage, ob es zu dem französisch-russischen Gemeinschaftsunternehmen in Lingen komme, es sei noch unklar. Das Bundeskartellamt habe zwar zugestimmt, aber nun liege es an der Bundesregierung. Das zuständige Wirtschaftsministerium habe sich dazu nicht geäußert und verweise auf Betriebsgeheimnisse der Unternehmen. Vom Umweltministerium des Bundes heiße es, dass man grundsätzlich der Auffassung sei, dass der Atomausstieg nicht mit der Produktion von Brennstoff für Atomanlagen im Ausland vereinbar sei, erklärte Vent. Das Bundesumweltministerium wolle unter Einbeziehung anderer betroffener Ressorts das weitere Vorgehen prüfen.

Umweltaktivist Vladimir Slivyak stellte heraus: „Die russische Regierung will mehr Kontrolle mit TVEL, ein russischer Konzern, der auf dem Gebiet der Urankonversion, der Urananreicherung und der Kernbrennstoff-Herstellung aktiv ist. Russland hat selbst genug Brennstoff und nukleares Material. Es geht bei dem Joint Venture nicht um wirtschaftliche Interessen. Ich glaube, die russische Regierung will so mehr Kontrolle über den europäischen Energiemarkt haben. Es ist die französische Atomindustrie, die das Geld braucht“, so Slivyak, der nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Framatome und TVEL kritisierte, sondern ebenso, dass man nie ganz sicher sein könne, dass das nukleare Material nicht für militärische Zwecke genutzt werde.

Slivyak hob hervor: „Erneuerbare Energien sind viel schneller als Atomenergie. Atomenergie ist sehr sehr teuer. Man muss sich nur einmal das Desaster der französischen Atomindustrie anschauen. Hier wurde so viel Geld ausgegeben, dass sie jetzt die russische Atomindustrie brauchen, um ihre Projekte zu finanzieren und dafür die Kontrolle des europäischen Energiemarktes abgeben.“    

Nicht nur Gerd Schinkel warnte mit seinen Songs vor strahlende Gefahr, sondern auch die bekannte Atomgegnerin Cécile Stephanie Lecomte. Sie machte Präsident Emmanuel Macron für das Atomdesaster in ihrem Heimatland  verantwortlich. Dies sah auch Dr. med. Angelika Claußen von der Aktion internationale Ärzte/innen für die Verhütung des Atomkrieges. „Es gehe nicht im Wesentlichen um Atomenergie, sondern um Atomwaffen!“ warnte die Ärztin.

Zum Schluss der Veranstaltung rief Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Müns­terland gegen Atomanlagen: „Wir haben die Schnauze voll. Es ist Wahnsinn, dass wir im Jahr 2022 über den Wiedereinstieg in die Atomindustrie diskutieren. Atomkraft ist gefährlich, Atomkraft ist unverantwortlich, Atomkraft muss stillgelegt werden. 80 europäische Initiativen und Verbände unterstützen eine Resolution, in der ein Ende der Uranverarbeitung gefordert wird.“   
Alternativnobelpreisträger Vladimir Slivyak erklärte, dass erneuerbare Energien viel schneller als Atomenergie und Atomenergie sehr sehr teuer seien.

Atomkraftgegnerin Cécile Stephanie Lecomte machte Präsident Emmanuel Macron für das Atomdesaster in Frankreich verantwortlich.

Rund 200 Atomkraftgegner forderten vor der Werkzufahrt der Brennelemente­fabrik ANF im Lingener Industriegebiet-Süd sie Schließung der Fabrik.

 


Vladimir Slivyak und Matthias Eickhoff identifizierten sich mit den Forderungen von Alexander Vent (v. links).

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